Er lotet aus, der Mensch, und verpasst den Moment, sich seiner Grenzen bewusst zu werden. So mutet er sich seinen Nächsten zu wie ein Poltergeist, der seinen Körper weder liebt noch beherrscht, um wie ein Staubsaugroboter unter Dauerstrom über Böden zu flitzen, ungeachtet der Tatsache, dass er mehr Dreck aufwirbelt und verbreitet als aufnimmt, vergisst er doch das regelmäßige Ausleeren des Staubfangbehälters.

Also läuft der Fischer zum Butt, ein Schloss muss her für seine Frau – und sich. Denn der verwunschene Prinz ist in Wahrheit die abgeschobene Erkenntnis um die eigene Verantwortung der Schöpferkraft seines Denkens, dessen Regisseur der Denkende selbst ist. Aus Bequemlichkeit überlässt er seiner Frau und Mutter das letzte Wort, bleibt unterwürfiges Kind (oder Bettvorleger), verweigert, erwachsen, frei, als unabhängig abgenabeltes Individuum seinen Mann zu stehen und aufrecht in die Welt zu gehen.

In symbiotischer Co-Abhängigkeit pflegen „Frau“ und „Mann“ bzw. Mutter und Kind ihre selbst geschaffene und gepflegte Dummheit, himmeln Kröten bzw. verwunschene Prinzen und Prinzessinnen an, vergöttern und heiligen ihre Verantwortungslosigkeit und kommen nie zu bzw. aus ihrem Potte.

Ob Schloss oder Kathedrale, Dornröschen schläft auch in den Armen ihres ebenfalls schlafenden Prinzen weiter, während der (schlafende) König deren Leben verwaltet.

Auf allen Etagen flitzen Staub saugende bzw. aufwirbelnde Roboter über Diamantenkacheln, Orchester spielen nie enden wollende Jahrtausendwerke gefeierter Genies, Claqueure klackern in Lackschuhen zur vergoldeten Kloschüssel, dem einzig stillen Örtchen, an dem mit vorgehaltener Hand verhalten gepupst werden darf, der Schamesröte sei Dank vom gleichmäßigen Brummen der Toilettenluftverwirbelungsanlage übertönt.

aus: Freiheit (Arbeitstitel), Werk im Entstehen, Jutta Riedel-Henck, 20. Oktober 2018 bis ...

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