Wenn Gedanken unsere Realität erschaffen, fixieren die Beobachter ihre Umweltbedingungen, um sie in diesem Moment zu reproduzieren: Ein geschlossener Kreis der Wahrnehmung und ihrer Manifestation im „Physischen“, Sicht- und Greifbaren.
Wirken mehrere Schaffende in einer Gemeinschaft, bedarf es der Übereinstimmung aller Beteiligten, um jeden gleichermaßen zufrieden zu stellen.
Ein Kind, das in eine Familie geboren wird, unterliegt den Projektionen der Älteren. Es wird geprägt von deren Gedanken. Das Familien-Drama hat so viele Autoren wie an dieser Gemeinschaft Beteiligte.
Wie aber bekommt man sie alle unter eine(n) Ob-Hut?
Es bedarf der Erkenntnis, dass jeder sich seine eigene Realität erschafft! Von Anfang an. Auch dann, wenn ich mich den Projektionen anderer unterwerfe, bleibe ich voll und ganz verantwortlich für alles, was mir durch diese Unterwerfung widerfährt. Was auch immer ich tue, wie ich fühle, mich verhalte: Es dient nur mir selbst. Es dient mir selbst, mich hier oder dort zu fügen, anzupassen, es dient mir selbst, mich hier oder dort aufzulehnen, zu schimpfen, wütend zu rebellieren. Es kann nur mir selbst dienen!
Wenn ich darum weiß, sind jegliche Manipulationsversuche anderer Mitglieder der Gemeinschaft wirkungslos. Behauptet Papa B oder Mama Z oder Bruder Ü, er täte das, was er tut, für die Familie, erkenne ich in dieser Aussage die Lüge und muss ihr keine Bedeutung schenken. Wer auch immer etwas „für andere“ tut, folgt einer eigenen Vorstellung, der er sich verpflichtet hat, an die er „glaubt“, um sich daran festzuhalten, Stabilität im eigenen Denken und damit Sein zu finden. Ich tue das für dich, mit dir – ebenso gegen dich – damit ich mich selbst besser fühle. Und die Bewertung dessen, was für mich gut oder schlecht ist, liegt ebenso allein bei mir, ist nicht übertragbar, somit für keinen anderen wahrhaftig voll und ganz nachzuvollziehen bzw. verstehen.
Ertrage ich nicht, dass einer meiner Nächsten sich ohrfeigt, mit fettigen Haaren im Schlafanzug einen Opernball besucht, unterstelle ich diesem, etwas Unangenehmes zu tun, während ich nicht weiß, wie er sich dabei fühlt. Ich projiziere mich, die auf keinen Fall mit fettigen Haaren im Schlafanzug zum Opernball gehen will, auf ihn.
Dies geschieht unentwegt. Wir können nur von uns selbst auf andere schließen, denn eine andere Wahrnehmung als die eigene haben wir nicht.
Warum nehmen sich also Menschen heraus, einem anderen Individuum, das so ganz und gar nicht nach ihrem persönlichen „Geschmack“ gekleidet ist, sich verhält, einen gesetzlichen Betreuer aufzuzwingen? Warum ist jemand bereit, eine solche Betreuerrolle einzunehmen, d. h. einen anderen Menschen zu bevormunden?
Wenn er vorgibt, es würde dem Betreuten dienen, lügt er. Vor allem, wenn er die von ihm betreute Person erst kennenlernt, nachdem er vom Gericht mit dieser Betreuung beauftragt wurde.
Die erste Frage muss daher – an den Betreuer gerichtet – lauten: Welche Vorteile hast du für dich, wenn du dies, das, jenes tust in Bezug zu dieser von dir „betreuten“ Person?
Es geht nicht darum, den in jedem von uns angelegten und natürlichen, lebensnotwendigen Egoismus zu verbieten und schlecht zu reden bzw. denken, das Gegenteil ist der Fall: Erst, wenn ich weiß, warum ich etwas tue, bin ich fähig und bereit, mich gegenüber dem anderen er-kennt-lich zu zeigen, mich von ihm zu unterscheiden, abzugrenzen und somit seine Würde und Unantastbarkeit ganz und gar zu wahren!!!
Der Betreuer muss sich selbst voll und ganz verantworten, also bedarf es der dazu gehörigen Infragestellung seines Tuns, Denkens, (immer subjektiven) Weltbildes! Ist er dazu nicht in radikaler und tief greifender Gründlichkeit in der Lage, kann er für einen Menschen, dem diese Selbstverantwortung infolge welcher Ansichten auch immer abgesprochen wird, in keinerlei Hinsicht Ver-Antwortung übernehmen, ohne diesem zu schaden. Denn der eigentliche Schaden liegt nicht in vermeintlich körperlicher Verwahrlosung des Betreuten, sondern der Ver-WAHR-losung des sich seines Denkens und damit gesamten Erschaffens, Tuns, Wirkens un-bewussten Betreuers.
Statt einen Menschen, der sich seiner selbst nicht bewusst ist, um als Betreuungsfall zu gelten, zu konfrontieren mit seiner Selbstentfremdung, wird ihm ein Vormund aufgezwungen, der seinerseits ohne Selbst-Bewusstsein handelt, um sich „nur“ gegenüber dem „Gericht“, dem „Staat“ und all seinen Vertretern zu rechtfertigen, auszuweisen als braver, ordentlicher, „richtiger“ Bürger, als wüsste er, was gut ist, um es zweifellos durchzusetzen, zu voll-ziehen.
Eine Frage, die jeden betrifft, aber ganz besonders an Betreuer, Erzieher, Menschen, denen „Hilfsbedürftige“ (von sich selbst Entfremdete) anvertraut werden: Was bedeutet Freundschaft?
aus: Freiheit (Arbeitstitel), Werk im Entstehen, Jutta Riedel-Henck, 20. Oktober 2018 bis ...
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